Schuld sind immer die anderen: Kampf dem Silodenken!

Die Herausforderung: Interdisziplinäres Teamwork funktioniert nicht

Netzwerke werden die Arbeitswelt des 21. Jahrhunderts mitbestimmen. Und damit ist nicht nur die Kooperation unter Freelancern gemeint. Auch innerhalb von Unternehmen kommt es zunehmend auf teamübergreifende Zusammenarbeit an. Anders lassen sich die komplexen Projekte einer immer anspruchsvolleren Arbeitswelt gar nicht mehr umsetzen. 

Eine schlechte Nachricht – und eine gute

Zuerst die angenehme Botschaft: Soziale Netzwerke wie LinkedIn oder Clubhouse haben bewiesen, dass Menschen sich auch im beruflichen Kontext produktiv vernetzen können. Sie haben verstanden, dass der Austausch mit anderen Experten vor allem Vorteile bringt: Inspiration, Lösungsvorschläge, Feedback. 

Zeit für einen Dämpfer: Im echten Arbeitsleben – ganz egal ob präsent im Büro oder remote von Zuhause aus – sind Abteilungssilos und Bereichsegoismen immer noch an der Tagesordnung. Angesichts anspruchsvoller Ziele und ehrgeiziger Planungen entwickeln auch die kooperativsten Kolleginnen und Kollegen oft eine Wagenburgmentalität – und unterstellen den anderen Abteilungen damit auch mangelnde Kompetenz oder ungenügende Lösungsbereitschaft. Derartige Bereichsegoismen stehen natürlich einer guten Strategieumsetzung im Weg.

Was sagen die Experten?

Wie ernst es mit dem Thema der unternehmensinternen Kooperation, bzw. des Netzwerk-Gedankens in Organisationen ist, bewertet ein Beitrag des Harvard Business Review. Auf 17 Seiten geht das Autorenteam der Frage auf den Grund, warum sich Strategien auflösen – und was man dagegen tun kann. Dieser Themenkomplex ist übrigens eng verwandt mit der einheitlichen Unternehmensausrichtung, über die wir an dieser Stelle schon ausführlich geschrieben haben. 

Nach der HBR-Studie können sich 84 % der Befragten in ihrer Organisationseinheit (ihrem Silo) auf Vorgesetzte und Mitarbeitende immer oder meistens verlassen. Dies ist ein erfreulich hoher Wert und unterstreicht die Bedeutung des eigenen Teams. Bei der Frage, wie es denn mit anderen Abteilungen aussieht, ändert sich der Wert deutlich: Nur noch 9 % der Befragten sagen, sich immer auf die Kolleginnen und Kollegen anderer Teams verlassen zu können. Weitere 41 % geben an, sich zumindest meistens auf Kollegen außerhalb der eigenen Gruppe verlassen zu können. Eine Konsequenz: Führungskräfte geben dreimal so häufig „unzureichende Unterstützung anderer Einheiten“ als Grund für verfehlte Ziele an, als eigene Unzulänglichkeiten. 

Die Folgen mangelhafter Zusammenarbeit

Der Blick auf die Zahlen der Studie ist schon ernüchternd genug. Aber wenn man sich dann anschaut, welche Konsequenzen diese „Wir-gegen-die“-Attitüde hat, bilden sich erste Schweißperlen auf der Stirn:

  • Die gleiche Arbeit wird oft doppelt gemacht. Wenn auch nicht komplett, so doch zumindest in bestimmten Teilbereichen. Dabei ließe sich das durch die einfache Frage: „Was macht ihr an diesem Thema – und was braucht ihr von uns?“ lösen.

  • Da man den anderen Teams ohnehin nicht so viel zutraut, werden eigene Themen zuerst bearbeitet, obwohl andere auf einen Unterstützungsbeitrag warten, ohne den sie nicht weiterarbeiten können. 

  • Wenn es Projekte zwingend erfordern, interdisziplinär zusammenzuarbeiten, werden diese oft gar nicht erst angegangen. Denn: Das klappt ja eh nicht und auf die Konflikte, die sich im Zuge jahrelangen Gegeneinanders aufgebaut haben, hat auch niemand Lust. 

Die Lösung: Gemeinsame Ziele bauen Brücken

Viele Organisationen haben in der Vergangenheit große Anstrengungen betrieben, die vertikale Ausrichtung zu optimieren. Hierbei steht die Ausrichtung der Ziele mit der übergeordneten Strategie bzw. den übergeordneten Zielen im Vordergrund. Doch diese Richtung der Abstimmung allein reicht nicht aus – die Ziele sollten auch horizontal, also zwischen den Teams bzw. Abteilungen abgestimmt und ausgerichtet werden. Sie werden schnell erkennen, dass sich Abhängigkeiten und Unterstützungsbedarf herauskristallisieren: Der perfekte Zeitpunkt, um den Silos mit team- und abteilungsübergreifenden Zielen entgegenzuwirken.

Ein sehr effizienter Ansatz ist eine interne Ziele-Messe. In einer kurzen Session treffen sich jeweils zwei Mitglieder aller Teams. In diesen „Blinddates“ stellen sie sich dann ihre Ziele gegenseitig in kurzen Gesprächen vor und ermitteln Abhängigkeiten. Wir erleben es oft, dass die Teams auf einer solchen Ziel-Messe das erste Mal miteinander und nicht übereinander reden. „Das gab es vorher noch nicht!“ – so das Feedback eines begeisterten Geschäftsführers bei der Bewertung dieses Werkzeuges. 

Abhängigkeit und dann? So funktionieren gemeinsame Ziele

Bei einem gemeinsamen Ziel kommen zwei oder mehr Teams zusammen, um ein gemeinsames Ergebnisziel zu erreichen. Um dieses Ziel entsteht eine eigene, zeitlich begrenzte Einheit, z.B. ein Ziel-Team / Ziel-Squad, das sich über Abteilungsgrenzen hinweg zu einem gemeinsamen Ergebnisbeitrag bekennt. Dieses Bekenntnis hebt Identifikation und Zusammenarbeit auf ein neues Level – und bewirkt viel mehr als informelle Anfragen („Könnt ihr uns mal unterstützen?“) oder zu formalistische Prozesse wie Service Level Agreements es jemals könnten.

Merkmale gemeinsamer Ziele:

  • Um das gemeinsame Ziel entsteht ein Ad-hoc Team mit eigener Teamstruktur

  • Gemeinsame Ziel- und Maßnahmenentwicklung

  • Regelmäßige Ziele-Checks 

  • Gemeinsame Bewertung und Vorstellung des Ziels

Aber das Geheimnis des Erfolges gemeinsamer Ziele ist eigentlich gar keines. Denn Menschen sind von Natur aus sozial, neugierig und interessiert. Sie sind intrinsisch motiviert, mit anderen zusammenzuarbeiten, Neues zu lernen und zu verstehen, wie Dinge funktionieren. Durch Jahre in einer Organisation wie einem Unternehmen sind diese Instinkte vielleicht etwas verschüttet – sie lassen sich aber schnell wieder freilegen. Und in der Folge arbeiten Sie mit zufriedeneren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und profitieren von den enormen Potentialen für die Umsetzung.

Die Menschen wissen, dass sie durch die Zusammenarbeit mit anderen mehr erreichen werden als gegen sie.
— Allan Fromme

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