Die Kunst der Wertedisziplin – oder wie Kundennutzen Ihr Geschäftsmodell stärkt

Stellen Sie sich vor, Sie planen die Einführung eines neuen Produkts. Die entscheidende Frage, die Sie sich dabei stellen sollten, lautet: Welchen Wert soll dieses Produkt für meine Kunden stiften? Soll es der günstigste Preis am Markt sein (Best Price), die fortschrittlichste Funktionalität bieten (Best Function), oder ist die individuellste Lösung für spezifische Kundenbedürfnisse das Ziel (Best Individual Solution)? Die Antwort auf diese Frage bestimmt nicht nur die Ausrichtung Ihres Produkts, sondern prägt Ihre gesamte Organisation – von der Marketingstrategie bis hin zur Produktentwicklung. Doch der Reihe nach.

Best Price, Best Function, Best Individual Solution: Die drei Säulen des Kundennutzens[1]

Nachdem wir das Szenario der Produkteinführung betrachtet haben, tauchen wir tiefer in die Kernstrategien ein, die den Produktwert für Ihre Kunden definieren. Jede dieser Strategien hat ihre eigenen Merkmale und Anforderungen:

Wettbewerbsstrategien für Marktführer

  • Best Price: Hier geht es darum, das kostengünstigste Angebot am Markt zu sein, was eine straffe Kostenkontrolle und effiziente Prozesse erfordert.

  • Best Function: Diese Option fokussiert auf überlegene Funktionalität oder Qualität, was Innovation und fortlaufende Produktentwicklung voraussetzt.

  • Best Individual Solution: Die maßgeschneiderte Lösung für spezifische Kundenbedürfnisse, die eine enge Kundenbeziehung und Flexibilität erfordert.

Diese strategischen Wahlmöglichkeiten bestimmen nicht nur Ihr Produktangebot, sondern beeinflussen auch Ihre gesamte Organisationsstruktur – von der Marktausrichtung über die Positionierung bis hin zum Betriebsmodell.

Wichtig dabei: Eine Inkonsistenz zwischen diesen Elementen kann zu einer Diskrepanz in Ihrer Unternehmensperformance führen, was oft daran liegt, dass der geschaffene von Ihnen Kundennutzen nicht klar erkannt oder geschätzt wird.

Warum Wertdisziplin entscheidend für Ihre Unternehmensstrategie ist

Nachdem wir die drei Hauptstrategien zur Schaffung von Kundennutzen betrachtet haben, ist es an der Zeit, die Fragen zu beantworten, die Ihre strategische Ausrichtung leiten.

Eine Schlüsselfrage, die in diesem Zusammenhang oft gestellt wird, lautet: „Welchen primären Kundennutzen schaffen wir als Organisation?“ Diese Frage ist der Ausgangspunkt für die Entwicklung eines kohärenten und effektiven Geschäftsmodells.

Die Wahl der richtigen Wertdisziplin – sei es Best Price, Best Function oder Best Individual Solution – ist entscheidend für die Ausrichtung Ihres Unternehmens. Jede dieser Optionen hat spezifische Anforderungen und Auswirkungen auf Ihre Organisation:

  • Best Price: Dies erfordert eine Konzentration auf Kosteneffizienz und Prozessoptimierung.

  • Best Function: Hier steht die Innovationskraft und die fortlaufende Verbesserung Ihrer Produkte im Vordergrund.

  • Best Individual Solution:Diese Disziplin verlangt nach maßgeschneiderten Lösungen, die auf engen Kundenbeziehungen und hoher Flexibilität basieren.


Die Wahl und konsistente Umsetzung dieser Wertdisziplinen formt nicht nur Ihr Produktangebot, sondern beeinflusst alle Aspekte Ihres Unternehmens – von der internen Kultur bis hin zu externen Marktbeziehungen.

Realisierung der Wertdisziplinen: Schlüssel zu Marktführerschaft und Innovation

In jedem der drei Bereiche – Best Price, Best Function und Best Individual Solution – liegen für Sie Chancen, eine führende Marktstellung zu erreichen.

Grundsätzlich gilt dabei: Je besser die internen Fähigkeiten, Prozesse, Systeme auf die Wertdisziplin ausgerichtet sind, desto stimmiger ist Ihr Wertschöpfungssystem und umso erfolgreicher Ihr Geschäftsmodell.

Praxisbeispiel "Best Price"

Seit einiger Zeit begleite ich einen erfolgreichen Automobilzulieferer, der sich auf "Best Price" spezialisiert hat. Das Unternehmen zeigt, wie es durch Lean & Kaizen, fortschrittliche Prozesse und ein effizientes Produktionsnetzwerk gelingt, in vielen Produktkategorien den besten Preis anzubieten. Kontinuierliche Investitionen in Automatisierung und Industrialisierung sind ein zentrales Element der Strategie, um eine führende Kostenstruktur zu erreichen und Operational Excellence zu gewährleisten.

Praxisbeispiel "Bestes Produkt"

Während meiner langjährigen Tätigkeit für Testo, dem einem marktführende Unternehmen für portable Messtechnik, ging es hauptsächlich darum, den technologischen Vorsprung zu halten oder auszubauen. Wie? In erster Linie durch hohe Investitionen in Forschung und Entwicklung sowie ein starkes Produktmanagement. Unterstützt wird diese Strategie durch kontinuierliches Lernen und die intensive Auseinandersetzung mit neuen Trends, was die Innovationskraft des Unternehmens unterstreicht.

Praxisbeispiel "Beste Lösung"

Meine Erfahrungen bei einem führenden Hersteller von Sondermaschinen für die Metallbearbeitung zeigen, wie wichtig individuelle Lösungen für den Erfolg in dieser Branche sind. Durch enge Zusammenarbeit mit den Kunden und hohe Flexibilität im Projektmanagement kann das Unternehmen maßgeschneiderte Lösungen anbieten. Regelmäßige Managementmeetings, flexible Kapazitäten und der enge Kontakt zu internationalen Key Accounts sind dabei entscheidend, um die Bedürfnisse der Kunden optimal zu erfüllen und die starke Marktposition des Unternehmens zu sichern.

Diese drei Praxisbeispiele sollen Ihnen vor allem eines zeigen: Wie entscheidend es ist, Ihre internen Prozesse und Fähigkeiten gezielt auf die gewählte Wertdisziplin auszurichten. Doch welche Herausforderungen und strategischen Überlegungen ergeben sich daraus für Organisationen?

Herausforderung Wertstrategie: So meistern Sie den Kunden-Spagat!

In der Praxis erfordert die Umsetzung einer fokussierten Wertedisziplin wie operative Exzellenz, Kundennähe oder Produktführerschaft eine intensive Auseinandersetzung mit den internen Prozessen eines Unternehmens.

Dabei geht es nicht nur um das 'Was', also welche Disziplin verfolgt wird, sondern auch um das 'Wie', also die Art und Weise der Umsetzung. Unternehmen stehen vor der Herausforderung, ihre Ressourcen, Kulturen und Strukturen so auszurichten, dass sie die gewählte Disziplin effektiv unterstützen. Dies erfordert häufig eine radikale Neuausrichtung und gezielte Investitionen in Bereiche wie Mitarbeiterschulung, Technologie und Kundenbeziehungsmanagement.

Ebenso wichtig ist es, den Markt ständig zu beobachten und die Strategie flexibel an veränderte Bedingungen anzupassen. Erfolgreiche Unternehmen verstehen es, diesen Spagat zwischen Disziplin und Anpassungsfähigkeit an dynamische Marktbedingungen anzupassen.

Übersicht Geschäftsmodelltypen - Kundenutzen - Schlüsselkompetenzen

Wie Klarheit zum Geschäftsmodell verhilft – drei Beispiele

Lassen Sie uns abschließend drei Lösungsansätze betrachten, die Organisationen entwickelt haben, um den Herausforderungen bei der Umsetzung von Wertdisziplinen zu begegnen.

(1) Aus 3 mach 2: Verzetteln

Problem: Eine Organisation versucht, drei Geschäftsmodelle gleichzeitig zu bedienen, was zu Überforderung und unklarer Positionierung führt.

Lösung: Die Organisation entscheidet sich für eine Re-Positionierung durch De-Investment eines Geschäftsbereichs, was zu klarerer Ausrichtung führt.



(2) Das Geschäftsmodell im Wandel: Wenn Kompetenzen nicht mehr zum Kundenversprechen passen

Problem: Eine Organisation, die sich auf Standardisierung und Effizienz konzentriert, stellt fest, dass ihre Kompetenzen nicht mehr zum Kundenversprechen eines Premium Solution-Anbieters passen.

Lösung: Neufokussierung der internen Kompetenzen, Abbau unnötiger Standardisierung und Aufbau von Flexibilität in den Wertschöpfungsbereichen.


(3) Wenn der rote Faden fehlt: Investieren wir in die richtigen Dinge?

Problem: Zahlreiche Initiativen werden gestartet, die jedoch nicht auf ein klares Geschäftsmodell ausgerichtet sind.

Lösung: Festlegung des primären Kundennutzens und Neupriorisierung der Initiativen, um relevante Themen schneller umzusetzen.


Abschließend noch ein Tipp zu Wertdisziplinen in der Praxis

Viele Unternehmen wählen eine Kombination aus primärer und sekundärer Ausrichtung, wie das Beispiel Apple zeigt, das "Best Product" als primäre Ausrichtung und effiziente Betriebsprozesse als sekundäre Ausrichtung hat. Das heißt, die Frage „Welchen Kundennutzen wollen wir als Unternehmen schaffen?“ kann in der Strategiefindungsphase entscheidend sein, um die Konsistenz Ihres Geschäftsmodells zu überprüfen.

Wie stehen Sie zum Thema Wertdisziplinen? Wie haben Sie Ihren primären Kundennutzen konsistent im Unternehmen verankert? Ich freue mich über Ihre Nachricht.

Think value, not profit, and profit will follow.
— Felix Oberholzer-Gee

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Foto von Sigmund auf Unsplash